Leninistische Methoden beim Bund
Da war einer im Jahr 1995 schneller als die lahme und verkrustete Verwaltung der Schweizer Eidgenossenschaft. In jenem Jahr sicherte sich Stefan Frei nämlich die Adresse schweiz.ch und baute darauf eine Homepage auf, die sich dem Thema "Schweiz" widmet, mit allerlei nützlichen Links, vom Text der Nationalhymne, informativen Texten über die Schweiz im Allgemeinen, über Währungsumrechner bis hin zum roten Fan-T-Shirt mit Schweizerkreuz (notabene: inkl. Link zur Seite der Schweizer Bundesbehörden www.admin.ch) . Als das Internet dann endlich auch in der Bundeskanzlei angekommen war, entschlossen sich dort anscheinend einige Apparatschiks, dem innovativeren Frei sein Werk streitig zu machen und forderte diesen auf, Die Bundeskanzlei versuchte erfolglos, Frei dazu zu bewegen, dem Bund die Adressen entschädigungslos zu überlassen. Im vergangenen Februar wandte sie sich an die WIPO [Weltorganisation für geistiges Eigentum -ed.]. Sie will schweiz.ch für ein nationales Einstiegsportal verwenden, das die Tür zu den Internetseiten von Bund und Kantonen öffnen soll.Wir haben hier also auf der einen Seite eine Privatperson, die früh die Zeichen ihrer Zeit erkannte und sich Rechte an einer Internetadresse sicherte um daraus ein Portal zu machen. In einem freiheitlichen kapitalistischen System ist das so üblich und auch erlaubt. Auf der anderen Seite haben wir den Staat, der die Sache verschlafen hat und nun nach vielen Jahren dem Unternehmer plötzlich sein Eigentum entreissen will, dazu noch ohne ihn zu entschädigen. Dabei steht im Übrigen nicht einfach nur eine Internetadresse zur Disposition. Diese Seite gibt es schon seit über einem Jahrzehnt, und sie wurde erfolgeich von ihrem Autor betrieben. Schon John Locke wusste, dass die Verarbeitung die ursprünglichste Form von legitimem Eigentumserwerb darstellt. Den Staat gibt es hingegen primär, um eben dieses Eigentum zu schützen, nicht um es zu zerstören. Ich frage mich im Übrigen weshalb die Eidgenossenschaft oder ein anderes Gemeinwesen besondere Rechte an einer Adresse haben sollten, die zufällig einen ähnlichen Namen trägt. Weil es "le bon plaisir" einiger Beamter ist?* Was hier geschieht, ist ein purer Raubzug "im öffentlichen Interesse". Wenn der Bund denn wirklich diese Adresse haben will, dann soll er dafür einen anständigen Kaufpreis bieten, wie das unter ehrlichen Geschäftsleuten üblich ist. Wenn der Eigentümer nicht verkaufen will, so muss der Bund dies halt akzeptieren. Zum leninistischen Mittel der entschädigungslosen Enteignung zu greifen stellt hingegen eine massive Verletzung von Privateigentum dar, die in der Schweiz wohl (hoffentlich) ihresgleichen sucht. Ich wünsche jedenfalls Stefan Frei viel Erfolg in seinem Kampf um die Verteidigung seines Eigentums. *Stadt und Kanton Zürich haben übrigens eine vorbildliche Lösung gefunden. Mit Zürich Toursims und insbesondere mit der privaten Zürich-Versicherungsgesellschaft haben sie ein gemeinsames Portal (www.zuerich.ch) geschaffen, das die jeweiligen Homepages verlinkt. Der Bund könnte auch hier, scheint mir, von kantonalen Ansätzen viel lernen. UPDATE (06.06.206, 21:55): Hier werden einige Meinungen zum Them verlinkt. Besonders lesenswert sind dieser und dieser Beitrag, die zeigen wie unwirtschaftlich der Bund Steuergelder für nutzlose Projekte zum Fenster rauswarf. Im Gegenzug wird aber ein privates, erfolgreiches Portal ausgehebelt... deutsch / Economics / Legal / Politique |
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